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Datum: 14.04.2023

Geldsegen für Denkmale in Oberhavel

Landkreis fördert den Erhalt historisch bedeutender Gebäude mit über 300.000 Euro / Landrat überreicht Förderschecks in Schildow und in Fürstenberg

Die Eigentümer des Kupferhauses Kirsten Klümper und Stefan Wegner (links) freuten sich über den Förderbescheid, den Landrat Alexander Tönnes und sein Stellvertreter Egmont Hamelow (links) überbrachten.

825 Baudenkmale sind in Oberhavel aktuell in die Denkmalliste eingetragen: Neben bekannten Schlössern, Gutshäusern oder Kirchen sind das auch Wohnbauten, Siedlungen, Bauernhäuser, Schleusen oder Industrieanlagen. Für zehn der unter diesem besonderen Schutz stehenden Gebäude erhalten deren Eigentümer jetzt Fördermittel vom Landkreis Oberhavel. Grundlage ist die 2019 ins Leben gerufene Denkmalförderrichtlinie des Kreises.

Von der Förderung profitieren unter anderen die Eigentümer des Kupferhauses in Schildow im Mühlenbecker Land. Die untere Denkmalschutzbehörde des Kreises stufte das Projekt von Stefan Wegner in der Hermsdorfer Straße als besonders förderwürdig ein. Konkret gefördert wird der Austausch der Kunststofffenster, um das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherzustellen. 12.000 Euro erhält der Bauherr dafür vom Landkreis Oberhavel. Landrat Alexander Tönnies überreichte den Förderbescheid gemeinsam mit Baudezernent Egmont Hamelow.

„Es ist bewundernswert, mit wie viel Einsatz und Begeisterung sich viele Denkmalbesitzer in Oberhavel des kulturellen Erbes unserer Region annehmen. Denn denkmalbewusst zu sanieren, ist immer eine Herausforderung – nicht zuletzt eine, die ins Geld gehen kann“, sagte Landrat Alexander Tönnies bei der Übergabe der Fördermittel. „Umso wichtiger ist es uns als Kreis, die Bauherren ganz praktisch und direkt zu unterstützen. Die Denkmalförderung ist deshalb ein gutes Instrument, um Oberhaveler Geschichte zu erhalten und sichtbar zu machen.“

Egmont Hamelow ergänzte: „Die Eigentümer dieses geschichtsträchtigen Hauses haben sich viel vorgenommen. Das wird hier vor Ort noch einmal mehr bewusst und zeigt, dass die Gelder des Kreises sinnvoll eingesetzt werden. Gerne begleiten wir mit unseren Fachleuten aus der Denkmalschutzbehörde alle, die bei solchen Vorhaben Unterstützung benötigen."

Auch Uda und Burkhard Much (Mitte) erhielten für ihr denkmalgeschütztes Haus in Fürstenberg/Havel einen Förderbescheid.

Einen weiteren Förderbescheid haben der Landrat und sein Stellvertreter anschließend in Fürstenberg/Havel überbracht. Mit 50.000 Euro unterstützt der Landkreis Familie Much bei der denkmalgerechten Sanierung ihres Bürgerhauses in der Brandenburger Straße. Hier sollen die Straßenfront und die Fenster am gesamten Gebäude instandgesetzt werden.

Fördermittel hat Oberhavel unter anderem für die Sicherung und Ergänzung des Südostgiebels des Brauhauses am Kloster in Himmelpfort, für die Sicherung und Konservierung einer Renaissance-Malerei des Festen Hauses in Badingen sowie für die Restaurierung und Wiederaufstellung des Franzosensteins im Kappenwald in Liebenberg vergeben. Eine Finanzspritze gibt es außerdem für ein Gehöft in Kremmen, für das Amtshauptmannshaus in Oranienburg, die Dorfkirchen in Mildenberg und Pinnow sowie für die ehemalige Dorfkirche in Buchholz.

Insgesamt waren bei der unteren Denkmalschutzbehörde 21 Förderanträge eingegangen. Die Verteilung der Mittel erfolgt entsprechend der Dringlichkeit bei der Erhaltung der Denkmale. Die untere Denkmalschutzbehörde entscheidet über die Bewilligung der Anträge.

Über das Kupferhaus

Das Wohnhaus in der Hermsdorfer Straße besitzt vor allem wegen seiner besonderen geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung Denkmalwert. Die Entwicklung einer leichten Holzrahmenbauweise mit dünner Kupferblechverkleidung von angeblich unbegrenzter Lebensdauer geht zurück auf die Erfindung des Ingenieurs Frigyes Förster, der sie mit dem Architekten Robert Krafft weiterentwickelte und 1930 zum Patent anmeldete. Noch Ende desselben Jahres begann die Zusammenarbeit mit den Hirsch Kupfer- & Messingwerken in Eberswalde, die erste Experimente zur Serienproduktion aufnahmen. Auf der Kolonialausstellung in Paris 1931 erhielt die Bauweise einen Grand Prix. Die Kupferhäuser der Eberswalder Mustersiedlung entstanden auf vorbereiteten Kellergeschossen in Leichtbauweise; ihre gerasterten Blechfassaden patinierten rasch zu einer grünschwarzen Färbung, die reizvoll mit den weißen Holzfenstern und kräftig farbigen Fensterläden kontrastierte. Die aus Stahlblech bestehenden Innenwände wurden in verschiedenen Prägedekors angeboten. 1931 hatte Walter Gropius die Kupferhäuser auf der Berliner Ausstellung kennengelernt, kurz darauf übernahm er das gesamte Projekt.

Bei dem Kupferhaus in Schildow handelt es sich um den Haustyp „Kupfercastell“, der im Verkaufskatalog der Hirsch Kupfer- & Messingwerke als „das Ideal eines zweistöckigen Einfamilienhauses“ bezeichnet wird. Er zählte zu den beliebtesten Kupferhaustypen. Das Wohnhaus ist ein zweigeschossiger Bau, dessen Außenseite mit gestanzten Kupferblech-Wandtafeln verkleidet ist. Innen sind dünn gewalzte Stahlblech-Tafeln in verschiedenen Prägedekors befestigt. Heute stellen die wenigen erhaltenen Kupferhäuser im Land wichtige Zeugnisse einer bemerkenswerten Experimentalphase im Wohnhausbau der zwanziger und dreißiger Jahre dar. Sie dokumentieren eine höchst innovative Etappe in der Entwicklung modernerer Fertigbau-Technologien, die erst nach 1945 in großem Maßstab erfolgreich werden sollten.

(Quelle: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum)

Über das Bürgerhaus

Das stattliche zweigeschossige, symmetrisch gegliederte Bürgerhaus in der Brandenburger Straße ist geprägt durch eine dezente klassizistische Putzgliederung und einen großen Dreiecksgiebel. Hinter der massiven Straßenfassade verbirgt sich im Inneren und an der Hoffront ein Fachwerkgebäude. Über die Geschichte des Hauses ist nur wenig bekannt. Um 1800 gab es drei verheerende Stadtbrände in Fürstenberg, das damals zu Mecklenburg-Strelitz gehörte: 1794 brannten 48 Häuser nieder, 1797 die östliche Hälfte der Stadt mit 151 Häusern, und 1807 brannten noch einmal 90 Häuser ab. Eine herzogliche mecklenburg-strelitzsche Kommission unter der Leitung des Baumeisters Friedrich Wilhelm Dunckelberg (1773-1844) sorgte für die Neuvermessung und den Wiederaufbau der Stadt in den 1800er bis 1820er Jahren. Die streng klassizistische Formensprache Dunckelbergs ist an den Häusern dieser Bauphase zu erkennen, darunter am Haus Brandenburger Straße 56, das ebenfalls nach dem Stadtbrand von 1807 entstand. Das Gebäude besitzt vor allem wegen seiner besonderen baukünstlerischen und ortshistorischen Bedeutung Denkmalwert.

Über die Denkmalförderrichtlinie

Bisher 150.000 Euro, seit diesem Haushaltsjahr nun 300.000 Euro jährlich stehen für den Erhalt von Denkmalen in Oberhavel bereit. Der Kreistag hatte im März 2019 dafür eine Denkmalförderrichtlinie beschlossen. 2019 konnten dadurch elf Vorhaben, in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils neun Projekte unterstützt werden.

Der Erhalt von Denkmalen ist durch die Eigentümer zu leisten. Durch die Förderrichtlinie kann der Landkreis sie aber unterstützen. Gefördert werden Maßnahmen, um Gebäude denkmalgerecht zu sichern, zu erhalten, instand zu setzen, zu konservieren und zu restaurieren. Dazu zählen auch Gutachten und Planungsleistungen sowie investive Maßnahmen. Der Zuschuss darf die Hälfte der Gesamtkosten für die Einzelmaßnahme nicht überschreiten und beträgt maximal 50.000 Euro. Die Gesamtfinanzierung der Maßnahme muss durch den Antragsteller abgesichert sein. Außerdem ist es verbindlich, dass das potentielle Förderobjekt in der Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen ist.

Anträge für das Jahr 2024 können bis zum 31.12.2023 eingereicht werden. Der Antrag und die komplette Richtlinie sind unter www.oberhavel.de/denkmalschutz zu finden.

Seit 2019 hat Oberhavel Denkmalbesitzer mit insgesamt 900.000 Euro unterstützt, 91 Förderanträge waren insgesamt gestellt worden, 49 Zusagen konnte der Landkreis erteilen. Trotzdem es wegen der angespannten Lage im Bausektor auch zu Verzögerungen bei der Umsetzung der geförderten Maßnahmen kam, konnte ein großer Teil schon erfolgreich abgeschlossen werden.