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Datum: 16.02.2024

Saubere Zukunft für die Äcker


Landrat vor Ort in Liebenwalde: Alexander Tönnies besuchte die ReTech Ressources Technology GmbH und den Landwirtschaftsbetrieb Plass

Die Natur zu schonen und Ressourcen für die Landwirtschaft zu schaffen, waren Themen der jüngsten „Landrat vor Ort“-Tour am Freitag, 16.02.2024. Alexander Tönnies besuchte gemeinsam mit WInTO-Geschäftsführerin Claudia Flick und Liebenwaldes stellvertretender Bürgermeisterin Kerstin Bonk-Matthes die ReTech Resources Technology GmbH in Liebenwalde und den Neuholländer Landwirtschaftsbetrieb Plass.

Nahezu „sauberer“ Klärschlamm

Landrat vor Ort in Liebenwalde bei der ReTech Ressources Technology GmbH

© Landkreis Oberhavel

Kompost und Klärschlamm werden traditionell in der Landwirtschaft als organische Dünger eingesetzt, aber sie enthalten umweltgefährdende Stoffe. Deshalb ist die Menge, die auf Äckern ausgebracht werden darf, begrenzt. Die ReTech Resources Technology GmbH hat ein Verfahren entwickelt, das Klärschlamm von Schwermetallen und Mikroplastik, von resistenten Keimen und Antibiotikarückständen befreit. Auf gewässerbelastende synthetische Flockungsmittel, die in kommunalen und industriellen Kläranlagen regelmäßig zur Entwässerung des Klärschlamms verwendet werden, verzichtet ReTech ganz. Stattdessen werden biologische Flockungsmittel eingesetzt. Durch Filtration, Anpassung des ph-Wertes, Ultraschallzerkleinerung und umweltverträgliche Zusätze werden bei ReTech gefährliche Bestandteile aus Klärschlämmen und Abwässern herausgefiltert. Der Klärschlamm ist nach der Behandlung gleichzusetzen mit einem organischen Naturstoff und kann in der Kompostierung unter anderem Torf ersetzen. Ihre Entwicklung stellten Geschäftsführer Hendric Topka und Gerhard Seewald, Geschäftsführer der Muttergesellschaft ReTec GmbH, den Gästen um Alexander Tönnies während einer Betriebsbesichtigung vor.

„ReTech hat eine Lösung für eines der großen Probleme kommunaler Schmutzwasserentsorgung entwickelt. 90 Prozent des Mikroplastiks filtert ihre Anlage aus Abwässern heraus. Wie viel Innovationskraft in Oberhavel steckt, zeigt sich hier in Liebenwalde einmal mehr“, sagte Landrat Alexander Tönnies nach der Besichtigung. „Es ist viel Unternehmergeist zu spüren, der das große Ziel verfolgt, Technologien für den Schutz der Umwelt in Kläranlagen zu etablieren. Ich bin überzeugt davon, dass Hendric Topka und sein Team auf dem besten Weg sind, diese Verfahren salonfähig zu machen.“

ReTech bietet maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Kläranlagen an und optimiert Biogasanlagen und Gasfiltrationsanlagen. Die Stadtwerke in Zehdenick waren die ersten in Brandenburg, die einen Vorfilter der Liebenwalder Firma installieren ließen, um dem Klärschlamm Plastik und Mikroplastikanteile zu entziehen. Einer der engen Partner von ReTech Technology Resources in Oberhavel ist aktuell auch der Zweckverband Kremmen. Auf der hiesigen Kläranlage soll ein Mikroplastikseparator für mehr Umweltschutz bei der Schmutzwasserentsorgung eingesetzt und langfristig auch der Wertschöpfungsanteil aus Klärschlämmen deutlich gesteigert werden. Entsorger wie der Zweckverband Kremmen sparen mit den Anlagen von ReTech langfristig Energie und Ressourcen. Für die Landwirtschaft in der Region wird am Ende nahezu unbelasteter organischer Dünger gewonnen, der per Kompostierung zu Humusboden weiterveredelt werden kann.

Die ReTech Resources Technology GmbH ist eine Ausgründung aus der Technologieinitiative Vorpommern e. V. Vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen aktuell, und die Firma sucht Verstärkung. Seit 2019 arbeitet das Team an der Entwicklung und Fertigung von Anlagen zur Umsetzung verfahrenstechnischer Prozesse im industriellen Maßstab. Da die landwirtschaftliche Verwertung des belasteten Klärschlamms mittelfristig vor dem Aus steht, entwickelt ReTech ein Aufbereitungskonzept. Es soll eine Alternative zur teuren und energieaufwändigen Verbrennung sein. Auch kombiniert mit Biogasanlagen werden nachhaltige Lösungen für die Abwasser- und Klärschlammbehandlung geschaffen, die ökonomische und ökologische Vorteile bieten sollen. Entwicklungspartner von ReTech sind die Technische Universität Berlin und die TU Bergakademie Freiberg.

Landwirt in sechster Generation

Landrat vor Ort in Liebenwalde beim Landwirtschaftsbetrieb Plass

© Landkreis Oberhavel

Der Landwirtschaftsbetrieb Plass in Neuholland war die zweite Station der „Landrat vor Ort“-Tour. Christoph Plass ist Landwirt in sechster Generation und engagiert sich als Vize-Vorsitzender des Kreisbauernverbands Oberhavel. Seine Familie war Ende der 1990er-Jahre aus dem Emsland nach Brandenburg gekommen, um Kartoffeln anzubauen. Christoph und Ilona Plass beschäftigen heute zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben Kartoffeln wird Mais für den Betrieb der eigenen Biogasanlage angebaut.

Die Gäste um Landrat Alexander Tönnies besichtigten den Hof und die Halle, in der jedes Jahr Tausende Tonnen Kartoffeln gelagert werden. Gesprächsthema war vordergründig die Situation der Bauernschaft in Oberhavel und ganz Deutschland. „Der regionale Anbau von Lebensmitteln bedeutet Versorgungssicherheit für uns alle und ist ökonomisch wie ökologisch sinnvoll.   Dafür setzt sich Christoph Plass mit aller Kraft ein. Sein Herz schlägt für seinen Beruf und für dieses Stück Oberhavel, auf dem er trotz schwieriger Rahmenbedingungen wirtschaftet – das ist heute mehr als deutlich geworden“, sagte Landrat Alexander Tönnies während des Gesprächs in der „Bauernküche“. „Als stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbandes kennt er die Sorgen seines Berufsstandes.“ Vor allem die Vorgaben zum europäischen Green Deal, die diskutierte Tierwohl-Abgabe sowie die unsichere Subventionierung sorgten für mangelnde Perspektiven in der Landwirtschaft und würden den Arbeitsalltag erschweren, berichtete Christoph Plass. Der Wettbewerb innerhalb Europas sei verzerrt, weil landwirtschaftliche Produkte in Osteuropa günstiger produziert werden könnten. Das sorgt laut Christoph Plass dafür, dass der Job des Landwirts unattraktiver und der Fachkräftemangel immer drängender werde.