MERKBLATT für Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe)
1.  Aufgabe der Sozialhilfe, Zuständigkeit
Menschen, die in einer Notlage sind, die sie nicht aus eigener Kraft bewältigen können und denen die erforderliche
Hilfe auch nicht von Angehörigen oder von anderer Seite zuteil wird, können Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch
nehmen. Dabei ist es nach einem der elementaren Grundprinzipien der Sozialhilfe deren Aufgabe, ein menschen-
würdiges Leben zu sichern (§ 1 SGB XII). Die Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch XII sind Teil eines staatlichen
Systems der sozialen Sicherung der Bürger. Zu diesem System gehören auch die gesetzliche Sozialversicherung
(Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung), die Versorgung der
Kriegsopfer sowie die Wohngeld- und Kindergeldleistungen. Gegenüber diesen Leistungen ist die Sozialhilfe
nachrangig. Ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht demnach nicht, wenn jemand die erforderliche Hilfe von anderen
Sozialleistungsträgern erhält (§ 2 SGB XII). Zuständig für die Sozialleistungen sind die im Sozialgesetzbuch (SGB)
genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden; sie werden als Leistungsträger bezeichnet. Für die Sozialhilfe
sind regelmäßig die Landkreise und kreisfreien Städte sachlich zuständig, in Einzelfällen die sog. überörtlichen Träger
(§ 3 SGB XII). Örtlich zuständig ist grundsätzlich der Sozialhilfeträger, in dessen Bereich sich die nachfragende
Person im Zeitpunkt des Bedarfs tatsächlich aufhält (§ 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Bei Heimbewohnern kommt es auf
den gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Heimeintritt an (§ 98 Abs. 2 SGB XII). Über die Aufgaben und Hilfen der ein-
zelnen Leistungsträger geben die Mitarbeiter der Verwaltungsbehörden (Gemeindeverwaltung, Stadtverwaltung,
Kreisverwaltung) nähere Auskünfte. Sie beraten auch über Rechte und Pflichten der Bürger gegenüber den einzelnen
Leistungsträgern (§ 11 Abs. 1, 2 SGB XII, § 14 – SGB I).
2.
Rechtsgrundlage für die Leistungsgewährung ist das SGB XII. Ist nach diesem Gesetz Hilfe zu gewähren, so hat der
Leistungsberechtigte bzw. die nachfragende Person darauf einen Rechtsanspruch (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 39
SGB I). Über Form und Maß der Sozialhilfe entscheidet das Sozialamt nach pflichtmäßigem Ermessen, soweit das
Gesetz das Ermessen nicht ausschließt (§§ 9; 10; 17 Abs. 2 SGB XII).
3.  Aufgaben der Verwaltung
Die Mitarbeiter der Verwaltung prüfen, wie der jeweiligen Notlage am besten begegnet werden kann und welche Hilfen
im Einzelfall ggf. in Frage kommen. Die Behörde hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Sie bestimmt Art
und Umfang der Ermittlungen. Die Behörde hat dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für den
Antragsteller bzw. Leistungsberechtigten günstigen Umstände zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 1 und 2 SGB X). Die
Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Sachverhaltsermittlung für gebo-
ten hält (§ 21 Abs. 1 SGB X). Die Mitarbeiter der Verwaltung stellen außerdem wegen des Nachranges der Sozialhilfe
fest, ob die nachfragende Person eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen hat, ob Ansprüche gegenüber
anderen Sozialleistungsträgern bestehen oder ob Angehörige ihr helfen können. Das Nachrangprinzip der Sozialhilfe
(§ 2 SGB XII) erfordert auch eine Prüfung, ob unterhaltspflichtige Angehörige ihren Verpflichtungen nachkommen. lst
dies nicht der Fall, so leistet der Sozialhilfeträger und nimmt die Unterhaltsverpflichteten – soweit sie ohne
Gefährdung des eigenen Unterhalts hierzu in der Lage sind – in Anspruch. Ob und inwieweit dies geschieht, ent-
scheidet der Träger der Sozialhilfe der Situation des Einzelfalles entsprechend.
4.
Grundsätzlich muss jeder der Sozialhilfe bezieht vor Inanspruchnahme der Sozialhilfe seine
Arbeitskraft
, sein
Einkommen
und sein
Vermögen
(§ 2 SGB XII) sowie seine ihm gegen Unterhaltsverpflichtete und andere Dritte (z.B.
Versicherungsträger u.ä. Stellen) zustehenden
Ansprüche,
falls diese im Zeitpunkt des vorhandenen Bedarfs auch
realisierbar sind, zur Beschaffung seines Bedarfes und desjenigen seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen einsetzen.
5.
Wer Sozialhilfeleistungen beantragt oder erhält, hat insbesondere
5.1
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers
der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf
Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen
(§ 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I);
5.2   Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der
Leistung Erklärung abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGBI).
Diese Mitteilungspflicht bezieht sich in erster Linie auf die in den häuslichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
des Sozialhilfeempfängers eingetretenen Veränderungen. Diese Mitteilungspflicht besteht besonders dann,
wenn
a)  die nachfragende Person und ihre im Haushalt lebenden Angehörigen
Einkünfte
erzielen, die dem
Sozialamt noch nicht bekannt sind – auch wenn nur vorübergehend –, z.B. durch Aufnahme einer Arbeit
(auch geringfügige Beschäftigungen oder Nebentätigkeiten), durch Vermieten von Zimmern, Bewilligung von
Renten, Pensionen, Treuegeldern, Abfindungen, Entschädigungen, Darlehen, durch Eingang rückständiger
Forderungen, durch Lotteriegewinn, Erbschaft usw.). Dem Sozialamt ist ebenfalls der Bezug von
Naturalleistungen (Wohnung, Kost) sowie eine Forderung oder die Entstehung einer Forderung gegen einen
anderen mitzuteilen;
b)  sich der Bestand des vorhandenen
Vermögens
(z.B. durch Kauf, Verkauf, Schenkung, Erbschaft, Schei-
dung, Vermögensauseinandersetzung) ändert;
c)  ein mitunterstützter Angehöriger den Haushalt, wenn auch nur vorübergehend, verläßt (z.B. bei Kranken-
hausaufenthalt, Kuraufenthalt, Besuchsreise, Tod eines Haushaltsangehörigen u.a.);
d)  ein Angehöriger im Haushalt aufgenommen wird;
e)  die Wohnung gewechselt wird; vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft hat der Leistungs-
berechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die maßgeblichen Umstände des Umzugs in
Kenntnis zu setzen;
f)   ein Antrag auf Zahlung einer anderen Sozialleistung gestellt wird oder früher gestellt worden ist (z.B. Rente
aus der Sozialversicherung, Versorgungsrente, Unfallrente, Kriegsschadenrente, Unterhaltshilfe, Arbeits-
losengeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Krankengeld, Kindergeld u. a.;
g)  ein Rechtsmittel (z.B. Widerspruch, Klage, Berufung) gegen Entscheidungen anderer Sozialleistungsträger
(vgl. Buchstabe f) eingelegt wird;
h)  der Leistungsberechtigte einen vermögensrechtlichen oder körperlichen Schaden durch Dritte erlitten hat;
i)   der Leistungsberechtigte eine privatrechtliche Forderung gerichtlich geltend macht.
Diese Mitwirkungspflicht obliegt bei geschäftsunfähigen oder in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkten Hilfe-
suchenden oder Leistungsberechtigten deren gesetzlichen Vertretern.
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6.
Wer Sozialhilfeleistungen beantragt oder erhält soll auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers
a)  zur
mündlichen
Erörterung des Antrags – auf Antrag erstattet das Sozialamt in diesem Fall die Auslagen
(Fahrtkosten usw.) – oder zur Vornahme anderer notwendiger Maßnahmen persönlich bei der Behörde erschei-
nen (§ 61 SGB I);
b)  sich medizinischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit dies für die Entscheidung über die Leistung
erforderlich ist (§ 62 SGB I).
7.
Der Mitwirkungspflicht des Bürgers sind allerdings Grenzen gesetzt. Die Mitwirkung muss beispielsweise in einem
angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung stehen. Andererseits kann eine Mitwirkung
nicht gefordert werden, wenn sie für den Bürger aus wichtigem Grund nicht zumutbar ist oder wenn sich die Behörde
durch einen geringeren Aufwand als der Betroffene die erforderlichen Erkenntnisse selbst beschaffen kann
(§ 65 SGB I).
Folgen fehlender Mitwirkung
8.
Kommt derjenige, der Sozialhilfe beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nicht nach und wird hierdurch die
Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung
bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der
Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in ande-
rer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert (§ 66 Abs. 1 SGB I).
9.
Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der
Erwerbsfähigkeit oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nicht nach und ist
unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass deshalb die Arbeits-, Erwerbs- oder
Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur
Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen (§ 66 Abs. 2 SGB I).
10.
Wer seine häuslichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse falsch angibt oder die erforderlichen Mitteilungen an das
Sozialamt unterläßt, gefährdet die gesetzmäßige Durchführung der Sozialhilfe. Abgesehen davon, dass die aufgrund
fehlender, unzureichender oder falscher Angaben geleistete Hilfe zurückgefordert werden kann, setzt sich die nach-
fragende Person bzw. der Leistungsberechtigte einer Strafverfolgung wegen Betrugs aus (§ 263 Strafgesetzbuch).
11.
Auch Leistungsberechtigte nach dem SGB XII müssen im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten
eine zumutbare Tätigkeit annehmen und an entsprechenden Vorbereitungen teilnehmen (§ 11 Abs. 3 Sätze 3, 4 SGB XII).
Lehnen Leistungsberechtigte entgegen ihrer Verpflichtung die Aufnahme einer Tätigkeit ab, vermindert sich der maß-
gebende Regelsatz nach vorheriger Belehrung in einer ersten Stufe um bis zu 25 vom Hundert, bei wiederholter
Ablehnung in weiteren Stufen um jeweils bis zu 25 vom Hundert (§ 39 Abs. 1 SGB XII).
12.
Mit der Krankenversichertenkarte, die auf Anmeldung des Sozialhilfeträgers/einer vom Sozialhilfeträger beauftragten
Behörde von einer Krankenkasse ausgestellt wurde, ist sorgsam umzugehen. Ein Verlust ist sofort der zuständigen
Krankenkasse/dem Sozialhilfeträger oder der von ihm beauftragten Behörde anzuzeigen. Die Kosten für eine Ersatz-
karte sind vom Leistungsberechtigten zu tragen. Eine missbräuchliche Anwendung ist auszuschließen.
Falls die
gewährte Hilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII eingestellt wird, darf ab dem Tag der Leistungseinstellung diese
Krankenversichertenkarte nicht mehr verwendet werden.
Sie/und Ihre Familienangehörigen sind nach Wegfall der
Bedürftigkeit
verpflichtet,
die betreffende(n) Krankenversichertenkarte(n)
unverzüglich
an den Sozialhilfeträger/die
vom Sozialhilfeträger beauftragte Behörde
zurückzugeben.
Dies gilt auch bei Umzug in den Bereich eines anderen
Sozialhilfeträgers. Kosten, die durch missbräuchliche Anwendung entstehen, werden in Rechnung gestellt. Wird mit der
Krankenversichertenkarte Missbrauch getrieben, so kommt dieses dem Tatbestand des Betruges gleich und kann straf-
rechtlich verfolgt werden.
Kostenersatz
13.
Wer nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres die Voraussetzungen für die Gewährung der Sozialhilfe für sich
selbst oder andere durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat, ist nach § 103 SGB XII
zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet (Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten).
14.
Der Erbe des Leistungsberechtigten oder seines Ehegatten/Lebenspartners, falls dieser vor dem Leistungs-
berechtigten stirbt, ist nach Maßgabe des § 102 SGB XII zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Diese
Ersatzpflicht gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten; der Erbe haftet aber nur mit dem Nachlass.
15. Schutz der Sozialdaten
Angaben der nachfragenden Person über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden als
Sozialgeheimnis behandelt und anderen nicht unbefugt offenbart. Eine Offenbarung ist nur zulässig, wenn der
Betroffene im Einzelfall einwilligt oder wenn eine Offenbarung gesetzlich erlaubt ist (§ 67 SGB X).
Der im § 118 des Sozialgesetzbuches XII ermöglichte automatische Datenabgleich kann ohne Einwilligung der
Leistungsberechtigten erfolgen.
Ich/Wir bestätigen hiermit den Erhalt des „Merkblattes für Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch XII
(Sozialhilfe)“. Ein
Exemplar
ist in meinem/unserem Besitz.
Unterschrift der nachfragenden Person/des Leistungsberechtigten
Unterschrift des Ehegatten/Lebenspartners
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