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Datum: 18.02.2019

Nutzungsuntersagung für „Gnadenhof“ in Wensickendorf

Bauordnungsamt sieht in den Schwarzbauten erhebliche planungs- und baurechtliche Mängel sowie negative Vorbildwirkung

Die untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Oberhavel hat am 15.02.2019 eine Nutzungsuntersagung für die baulichen Anlagen des "Gnadenhofs Wildtierrettung Notkleintiere e. V." auf Grundstücken im Oranienburger Ortsteil Wensickendorf angeordnet. Betroffen sind alle Volieren, eingezäunten Gehege und Nebengebäude, ein neues Holzgebäude sowie ein Folienzelt.

Für sämtliche von der Nutzungsuntersagung betroffenen Anlagen liegen keine Baugenehmigungen vor. Die erforderlichen Baugenehmigungen können derzeit auch nicht in Aussicht gestellt werden, da der Betrieb einer Tierauffang- und Tierpflegestation auf dem Grundstück bauplanungsrechtlich unzulässig ist – es befindet sich im Außenbereich. Die Nutzungsuntersagung wird für die Haltung und das Unterbringen von Tieren in auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen im Zusammenhang mit der Haus- und Wildtierrettung (Fundtierstelle, Gnadenhof) ausgesprochen. Sie beinhaltet zudem, dass keinem Dritten – zum Beispiel Vereinsmitgliedern – die Nutzung des Grundstücks und der baulichen Anlagen zu ebensolchen Zwecken zu gestatten und zu ermöglichen ist.

Angesichts der Tatsache, dass dem Betreiber des Gnadenhofs die Problematik seit Jahren hinlänglich bekannt ist, bleibt ihm zur Befolgung der Nutzungsuntersagung eine großzügig bemessene Frist von sechs Monaten nach Zustellung des Bescheides. Da die sofortige Vollziehung angeordnet ist, hat ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung der Frist. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Nutzungsuntersagung wird dem Verein ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro angedroht.

Bereits 2015 hatte die untere Bauaufsichtsbehörde ein ordnungsbehördliches Verfahren zum Betreiben des Gnadenhofes eröffnet. Den Beteiligten war in dessen Zuge ausführlich die Sach- und Rechtslage zu § 35 Baugesetzbuch (BauGB) erläutert worden. Das Areal befindet sich im Außenbereich und zudem im Landschaftsschutzgebiet Westbarnim.

In der Folgezeit führte die untere Bauaufsichtsbehörde regelmäßig Ortsbesichtigungen durch, die private Haltung von Haustieren wurde mit Augenmaß geduldet. Da keine neuen baulichen Anlagen entstanden und sichtlich nur wenige Haustiere vorhanden waren, wurde das Verfahren Anfang 2017 eingestellt.

Aufgrund von Hinweisen des Veterinäramtes wurde im August 2018 erneut ein ordnungsbehördliches Verfahren gegen das Betreiben eines Gnadenhofes in Wensickendorf eingeleitet; neue Tiergehege und Vogelvolieren waren zwischenzeitlich errichtet worden, der Tierbestand hat sich drastisch erhöht. Insgesamt leben bis zu 200 Tiere in der Tierpflege- und Auffangstation, inzwischen auch Wildtiere. Der Bauordnungsbehörde und dem Veterinäramt waren einige Vereinsmitglieder bereits seit Anfang der Dekade bekannt, sie hatten zuvor eine ähnliche Anlage in Lehnitz betrieben, die wegen fehlender Genehmigungen geschlossen worden war.

In der Begründung für die Nutzungsuntersagung macht die untere Bauaufsichtsbehörde geltend, dass die Nutzung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Von illegal genutzten baulichen Anlagen geht eine nicht unerhebliche negative Vorbildwirkung aus. Andere Bauherren könnten angeregt oder bestärkt werden, ebenso die Vorschriften des Baurechts zu missachten. Gesetzestreue Bauherrn, Eigentümer, Mieter und Nutzer müssen gleichgestellt werden.

Zur Erlangung der erforderlichen Baugenehmigung bedarf es zuvor der Aufstellung eines Bebauungsplan durch die Stadt Oranienburg Dieser würde die Grundlage für die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Vereins bilden. Ob sich der Verein damals oder in jüngerer Zeit an die Stadt Oranienburg gewandt hat, um ein Bebauungsplan-Verfahren in Gang zu setzen, ist dem Landkreis nicht bekannt, ebenso der Ausgang eines solchen Verfahrens.