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Spätaussiedler und jüdische Emigranten

Im Landkreis Oberhavel leben auch Spätaussiedler und jüdische Emigranten. Folgende Absätze beantworten Frage, die diese beiden Gruppen betreffen.

Wer sind Spätaussiedler?

Wer als Spätaussiedler anerkannt werden kann, regelt das Bundesvertriebenengesetz.

Nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes ist ein Spätaussiedler in der Regel deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor

1. seit dem 8. Mai 1945 oder
2. nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder
3. seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,

seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.

(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Absatz 2 Nummer 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.

(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Absatz 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.

Welche Behörde ist für die Anerkennung von Spätaussiedlern zuständig?

Das Bundesverwaltungsamt führt das Aufnahmeverfahren durch und erteilt den Aufnahmebescheid.

Wie erfolgt die Wohnortzuweisung?

Das Bundesverwaltungsamt legt die Verteilung aller nach Deutschland kommenden Spätaussiedler auf Grundlage eines einheitlichen Schlüssels fest. Bis zu dieser Festlegung wird die Unterbringung durch den Bund sichergestellt.

Was passiert nach der Einreise?

Nach der Einreise sind die nach Deutschland kommenden Spätaussiedler verpflichtet, sich entsprechend dem ihnen erteilten Aufnahmebescheid in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes registrieren zu lassen. Sie werden dann auf ein Bundesland beziehungsweise in einen Landkreis oder eine kreisfreie Stadt verteilt.

Warum werden jüdische Emigranten aufgenommen?

Der Ostberliner Runde Tisch regte im Jahr 1990 die Aufnahme von Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion an. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat daraufhin am 09.01.1991 beschlossen, dass Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ohne zahlenmäßige und zeitliche Begrenzung in einem für Bund und Länder zumutbaren Maß aufgenommen werden. Die Aufnahmezusagen erfolgten und erfolgen aufgrund von Einzelfallentscheidungen, wobei Fälle der Familienzusammenführung und sonstige Härtefälle im Vordergrund stehen. Wesentlicher Gesichtspunkt für die Aufnahme ist der Erhalt und die Stärkung der Lebensfähigkeit der jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Seither wurden über 200.000 jüdische Zuwanderer in Deutschland aufgenommen.

Welche Aufnahmevoraussetzungen bestehen für jüdische Emigranten?

1. Die jüdischen Zuwanderer und ihre Familienangehörigen müssen Staatsangehörige eines Staates im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der Baltischen Staaten (Herkunftsgebiet) oder spätestens seit dem 01.01.2005 staatenlose Personen mit Wohnsitz im Herkunftsgebiet sein und dürfen zuvor nicht bereits in einen Drittstaat übergesiedelt sein. 

2. Als jüdische Zuwanderer aufgenommen werden können nur Personen,

a) die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen,

b) von denen erwartet werden kann, dass sie zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht dauerhaft auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen sind (eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts); dabei soll die Familienzusammenführung ermöglicht werden. Eine Prognose hinsichtlich dieser Erwartung wird für den selbst aufnahmeberechtigten Antragsteller abgegeben, bezieht aber auch das familiäre Umfeld ein. Die Prognose hinsichtlich der Erwartung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes erfolgt zunächst nach einer Selbstauskunft der Zuwanderungswilligen, mit der abgefragt wird, welche Ausbildung, beruflichen Pläne, Deutschkenntnisse und so weiter vorliegen;

c) die über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Stufe A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, GER) verfügen; dabei können Härtefälle, die ein Absehen von diesem Erfordernis möglich machen, geltend gemacht werden;

d) die sich nicht zu einer anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen und

e) für die der Nachweis erbracht wird, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht. Der Nachweis erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden e. V. Die Union progressiver Juden e. V. wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben.

3. Bei den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung wird auf die Aufnahmevoraussetzungen nach Nummer I 2. littera (lit.; = Buchstabe) b) und c) verzichtet. Für Personen nach Nr. 2. lit. a), die vor dem 01.01.1945 im Herkunftsgebiet geboren wurden, wird die nationalsozialistische Verfolgung widerleglich vermutet.

4. Ehegatten und minderjährige ledige Kinder, die mit dem Aufnahmeberechtigten in familiärer Lebensgemeinschaft leben und selbst nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllen, können nur gemeinsam mit diesem aufgenommen werden. Die Ehe muss zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits seit mindestens drei Jahren bestehen. Ehegatten und minderjährige ledige Kinder müssen ebenfalls über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Stufe A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, GER) verfügen. Bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kann von einem Nachweis der Grundkenntnisse abgesehen werden, sofern keine wesentlichen Integrationsprobleme zu erwarten sind. Die Aufnahmezusage erfolgt unter der Bedingung, dass die Einreise vor Vollendung des 15. Lebensjahres tatsächlich erfolgt.

5. Eine Aufnahme ist ausgeschlossen für jüdische Zuwanderer und Familienangehörige,

  • die in der ehemaligen Sowjetunion eine Funktion ausgeübt haben, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt oder dies aufgrund der Umstände des Einzelfalls war,
  • die wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftaten anzusehen sind, bestraft sind, soweit es sich nicht um Verurteilungen aus politischen Motiven durch Gerichte der ehemaligen Sowjetunion handelt, oder
  • bei denen Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder terroristischen Vereinigungen bestehen oder bestanden haben sowie in den Fällen des § 54 Nr. 5 a Aufenthaltsgesetz.

Welche Behörde ist für die Anerkennung von jüdischen Emigranten zuständig?

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist für die Aufnahmezusagen für jüdische Emigranten zuständig.

Mit dieser Aufnahmezusage ist in der jeweils zuständigen Auslandsvertretung ein Visumsantrag zu stellen.

Die Aufnahmezusage ist ein Jahr ab Bekanntgabe wirksam und erlischt, wenn nicht innerhalb dieses Jahres das Visum beantragt wird. Eine Verlängerung der Aufnahmezusage durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines triftigen Grundes (nachgewiesene längere Krankheit des selbst aufnahmeberechtigten Antragstellers, seines Ehegatten oder eines nahen Verwandten, außergewöhnliche Probleme bei der Passausstellung durch die örtlichen Behörden, kurze Überschreitung wegen Beendigung des Wehrdienstes, Studiums oder Ähnliches des Antragstellers, seines Ehegatten oder minderjährigen ledigen Kindes) möglich. Bei abgelaufener Aufnahmezusage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist eine erneute Antragstellung ausgeschlossen.

Wie regelt der Landkreis Oberhavel die weitere Unterbringung?

Der Landkreis Oberhavel wird durch die zuständigen Behörden über Ihre Ankunft informiert. Der Fachbereich Soziales und Integration, Fachdienst Asylbewerber, Aussiedler und Gemeinschaftsunterkünfte stellt für neuankommende Spätaussiedler und jüdische Emigranten angemessenen Wohnraum bereit.

Dem Landkreis Oberhavel zugewiesene Spätaussiedler und jüdische Emigranten werden vorläufig in Übergangswohnungen untergebracht. Die Sicherung der Leistungsansprüche erfolgt im Fachbereich Grundsicherung und Vermittlung für Arbeitssuchende des Landkreises, altersbedingt beziehungsweise bei voller Erwerbsminderung im Fachbereich Soziales.

Zusätzlich berät der Fachdienst Spätaussiedler und jüdische Emigranten in ihrem ersten Jahr mit Wohnsitz im Landkreis Oberhavel.

Welche Sozialleitungen erhalten Spätaussiedler und jüdische Emigranten?

Spätaussiedler (und jüdische Emigranten) sind Deutsche im Sinne des Artikel 116 Grundgesetz. Insofern stehen Ihnen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II beziehungsweise SGB XII zu. Diese sind beim Jobcenter Oberhavel beziehungsweise im Fachbereich Soziales und Integration Fachdienst Sozialhilfe zu beantragen.